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Die neusten Insulinpumpensysteme sind fast so gut wie die Bauchspeicheldrüse

Forscher tüfteln daran, wie sie die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes verbessern können. Sie setzen auf Medikamente, Medizintechnik, Digitalisierung – und einen gesünderen Lebensstil.

Wir essen zu viel und bewegen uns zu wenig. Die Folge: Wir werden immer schwerer. Damit schaffen wir die besten Voraussetzungen für Diabetes mellitus Typ 2. Er entsteht, falls das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Hormon Insulin den Blutzuckerhaushalt nicht mehr bedarfsgerecht regulieren kann und der Blutzuckerspiegel deshalb zu stark ansteigt. Diabetes Typ 2 macht 90-95% aller Diabeteserkrankungen aus. In der Schweiz sind rund 460’000 Menschen von dieser Krankheit betroffen – Tendenz steigend. «Diabetes Typ 2 ist eine Epidemie», sagt Marc Donath, Professor und Chefarzt Endokrinologie, Diabetologie und Metabolismus am Universitätsspital Basel.

Eine Epidemie, die sich mit einer Anpassung des Lebensstils eindämmen liesse. Würden wir abnehmen, bis wir wieder schlank wären, und uns dazu ausreichend bewegten, geriete der Diabetes Typ 2 schnell ins Hintertreffen. Doch was in der Theorie einfach erscheint, sei in der Praxis nur schwer umzusetzen, meint Marc Donath: «Erstens ist Essen heutzutage per Mausklick erhältlich, und die Nahrungsmittelindustrie wirbt für ungesunde Produkte. Diesen Verlockungen kann man sich nur schwer entziehen. Zweitens bringen manche Menschen eine genetische Veranlagung für Diabetes mit. Drittens verbirgt sich hinter schwerem Übergewicht oft ein seelisches Trauma, zum Beispiel ein sexueller Missbrauch.» Nebst einem gesünderen Lebensstil bewähren sich medikamentöse Hormontherapien mit appetithemmender Wirkung. Bei stark übergewichtigen Menschen haben sich chirurgische Eingriffe wie ein Magenbypass oder eine Magenverkleinerung als radikale, aber effiziente Massnahme zur Gewichtsreduktion erwiesen.

Das Handy weiss, wie viel man isst

An einem praktischen Ernährungsmanagement für Menschen mit Diabetes forscht Lia Bally. Sie ist Professorin und Leiterin Forschung an der Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus (UDEM) des Berner Inselspitals. Im Projekt «Deep Vision» entwickelt sie zusammen mit Ingenieuren und unter Einbezug von Patienten ein System für die automatische Quantifizierung von Nährstoffen in Speisen. Für die Anwender ist es ganz einfach: Sie machen mit dem Handy ein Foto von ihrer Mahlzeit. Im Zusammenspiel von Sensoren/Kameras und mathematischen Modellen entsteht daraus ein 3D-Bild. Das System berechnet das Volumen der Speisen und deren Nährwertgehalt. So erfahren die Anwender, wie viel Energie, Fett, Eiweiss und Kohlehydrate sie zu sich nehmen. Die Idee dahinter: «Menschen können Mengen in drei Dimensionen nur schlecht schätzen. Patienten mit Diabetes müssen den Energie- und Nährwertgehalt ihrer Mahlzeiten jedoch kennen, um Blutzucker und Gewicht unter Kontrolle zu halten», sagt Lia Bally. Die Verknüpfung von automatischer Nährstoffanalyse mit kontinuierlicher Blutzuckeraufzeichnung gibt Forschern Aufschluss darüber, wie sich bestimmte Mahlzeiten auf den Blutzuckerverlauf auswirken. Diese Erkenntnisse werden dazu dienen, die Insulindosierung besser zu steuern.

Zum vollständigen Beitrag in der Basler Zeitung

Bild: UDEM/Diabetes Center Berne, 2020